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Der erste Erziehungs-Professor

Im Rahmen der Lesereihe zum Philanthropinum-Jubiläum, diesmal unter dem Titel „Pflanzschule der Menschheit“, soll am 21. März um 18 Uhr im Stadtarchiv, Wasserturm Heidestraße, an Leben und Werk von Ernst Christian Trapp erinnert werden. Als prominente Lektorin der Texte wird die Direktorin des Philanthropinums, Astrid Bach, erwartet.

Für die Einrichtung einer eigenen Universität hat es dem Dessauer Reformfürsten Leopold III. Friedrich Franz zwar an Ehrgeiz oder an Finanzen gefehlt, mittelbar aber ist sein Wirken auch für die Entstehung der Erziehungswissenschaft fruchtbar geworden: Als Ernst Christian Trapp 1779 in Halle die erste Pädagogik-Professur antrat, kam er vom Dessauer Philanthropinum – und damit aus jener Schule, deren 250-jähriges Jubiläum 2024 mit einem umfangreichen Programm gefeiert wird.

Trapp, 1745 in Schleswig-Holstein geboren, ging nach dem Studium der Theologie sowie seiner Zeit als Lehrer in Segeberg, Itzehoe und Altona 1777 nach Dessau. Dass er hier – wie etliche seiner Kollegen – schon bald in Konflikt mit dem Schulgründer Johann Bernhard Basedow geriet, mag seinen baldigen Entschluss zum Wechsel bestärkt haben. Doch auch in Halle sorgte der Pädagoge, der den Einfluss der Theologie auf den Unterricht verringern und die Rolle der modernen Fremdsprachen stärken wollte, für akademischen Streit. Nach einer Zwischenstation an Campes privater Lehranstalt kam er schließlich nach Braunschweig, wo er sich um eine Schulreform des Herzogtums bemühte. Die hohe Anerkennung, die Ernst Christian Trapp bis heute genießt, beweist der nach ihm benannte, seit 1996 verliehene Preis für Pädagogik.

Bei der Lesung im Stadtarchiv werden neben den theoretischen Schriften Trapps auch skurrile Texte wie „Theologischer Beweis, dass der Doktor Bahrdt Schuld an dem Erdbeben in Kalabrien sei“ zu hören sein. Zum Gesamtprogramm des Festjahres ist ein Faltblatt erschienen, das bei der Lesereihe sowie im Philanthropinum, in der Tourist-Info und an anderen Veranstaltungsorten ausliegt.

Ernst Christian Trapp (1745-1818)


Das Dessauer Kriegerdenkmal für die Gefallenen von 1870/1871 – Einblicke in kaisertreue Fest- und Gedenkkultur in Anhalt

Vortrag im Archivverbund Dessau, Heidestraße 21 (Alter Wasserturm)

Dienstag, 12. März 2024, 19:00 Uhr
Vortrag von Dr. Frank Kreißler (Dessau-Roßlau)

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/1871, in dem Soldaten aus Anhalt kämpften, endete mit einem triumphalen umfassenden Sieg der Deutschen und führte zur Reichseinigung unter Führung Preußens. Dieses Geschehen verlangte bei den Zeitgenossen nach Symbolen, die diese Errungenschaften in würdiger Form für Gegenwart und Zukunft sichtbar machen und in diesem Zusammenhang auch an die Gefallenen erinnern sollten. Diese Funktion nahmen die an vielen Orten errichteten Kriegerdenkmäler wahr. In Dessau entstand 1874 ein Kriegerdenkmal als Landesdenkmal für Anhalt, das bis zum Ersten Weltkrieg die zentrale Rolle des Kriegsgedenkens in Anhalt wahrnahm.
In seinem Vortrag erläutert Stadtarchivar Dr. Frank Kreißler, wer die Errichtung mit welchen Absichten initiierte und beschreibt, welches Aussehen das Denkmal hatte, welche Künstler an dessen Ausgestaltung beteiligt waren, welche Kriegsteilnehmer in das Gedenken eingeschlossen und wie diese ermittelt wurden. Schließlich wird die zeitweise enorme Bedeutungsaufladung und Gedenkkultur um das Denkmal, aber auch dessen Verschwinden in den Blick genommen. Zu diesem Vortrag laden das Stadtarchiv Dessau-Roßlau und die Regionalgruppe Dessau des Vereins für Anhaltische Landeskunde am Dienstag, 12. März 2024, um 19:00 Uhr herzlich in den Archivverbund Dessau (Alter Wasserturm, Heidestraße 21) ein.


Archivale des Monats März 2024

Schreiben des Stadtrats Harms an Reichsstatthalter Loeper vom 17. Mai 1933 mit Anschuldigungen gegen Landeskonservator Dr. Ludwig Grote

Einer der wichtigsten Förderer des Bauhauses in Dessau war der Kunsthistoriker Dr. Ludwig Grote (1893-1974). Er stammte aus Halle (Saale), wo er 1922 nach einem Studium der Kunstgeschichte auch mit einer Arbeit über das druckgraphische Werk des Malers und Holzschneiders Georg Lemberger (um 1490/1500 – um 1540/1545) promovierte. 1923 erhielt Ludwig Grote einen Werkvertrag in Dessau zur Herstellung des Kataloges der Gemäldesammlung in der Amalienstiftung. Im Jahr darauf wurde er zum Anhaltischen Landeskonservator ernannt. Außerdem war er Gründungsdirektor der 1927 gegründeten Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau im Palais Reina (Kavalierstraße). Aufgrund seiner außerordentlichen fachlichen Kompetenz erwarb sich Ludwig Grote die besondere Wertschätzung des Dessauer Oberbürgermeisters Fritz Hesse (1881-1973). Neben Fritz Hesse, dem Generalmusikdirektor Franz von Hoeßlin (1885–1946) und anderen gehörte Ludwig Grote zu den wichtigsten Förderern des Bauhauses in Dessau. So führte er unter anderem Vorverhandlungen mit Walter Gropius (1883-1969) zur Ansiedlung des Bauhauses in Dessau, stellte Bauhauskünstler aus und erwarb ihre Werke für die Sammlung der Anhaltischen Gemäldegalerie.

1933 geriet Grote deshalb, als „Kulturbolschewist“ verfemt, in das Visier der Nationalsozialisten. Er musste in einem wegen „Amtsmissbrauchs“ gegen den Oberbürgermeister Fritz Hesse angestrengten und vom nationalsozialistische Stadtrat Dr. Richard Harms (1903-?) geleiteten Untersuchungsausschuss aussagen und wurde auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums schließlich aus seinem Amt als Landeskonservator von Anhalt und Direktor der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau entlassen und in den Ruhestand versetzt. Die Vorwürfe gegen Ludwig Grote fasste Stadtrat Harms am 17. Mai 1933 an den NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter in Braunschweig und Anhalt Wilhelm Friedrich Loeper (1883-1935) zusammen: Grote sei der eifrigste Förderer des Bauhauses, treibende Kraft bei dessen Heranholung nach Dessau und verantwortlich für den Ankauf von aus Sicht der Nationalsozialisten minderwertig-dadaistischer Malerei gewesen. Das Schreiben von Stadtrat Harms ist als Archivale des Monats März 2024 im Stadtarchiv Dessau-Roßlau zu sehen.

Dr. Ludwig Grote wurde 1951 Erster Direktor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Er starb vor 50 Jahren, am 3. März 1974, in Gauting bei München.

Schreiben des Stadtrats Harms an Reichsstatthalter Loeper vom 17. Mai 1933 mit Anschuldigungen gegen Landeskonservator Dr. Ludwig Grote. Signatur: S3-34


Der Dessauer Kalender erscheint am 6. Dezember 2023

Das vom Stadtarchiv Dessau-Roßlau herausgegebene Jahrbuch wird zum Preis von 12,00 EURO in den Buchhandlungen, in der Touristinformation, im Stadtarchiv und an vielen anderen Orten erhältlich sein. Der Band hat einen Umfang von 224 Seiten und enthält 15 Beiträge zu verschiedensten Themenbereichen der Geschichte und Gegenwart unserer Stadt und Region. Die Beiträge widmen sich unter anderem der Stadt Dessau-Roßlau als Paradies der Flussbadekultur, dem mittelalterlichen Geschlecht der Herren von Roßlau, der Entwicklung der sozialen Dienste in Dessau, der Geschichte des Junkers-Flugzeugbaus, der Erbprinzessin Christiane Amalie (1774-1846) und Marlene Dietrich als Lyzeumsschülerin 1916/1917 in Dessau. Mit 247 Abbildungen ist der Dessauer Kalender 2024 wie immer reich illustriert.

Am Dienstag, 12. Dezember 2023, um 19.00 Uhr wird der Dessauer Kalender 2023 öffentlich vorgestellt. Diese Veranstaltung findet im Archivverbund Dessau (Alter Wasserturm, Heidestraße 21) statt. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung gebeten.

Dessauer Kalender, 68. Jahrgang (2024)
herausgegeben vom Stadtarchiv Dessau-Roßlau
224 S., 247 Abbildungen
Preis: 12,00 €

Mehr zum Dessauer Kalender 2024 bei Publikationen

Einband der Publikation


„Alles Erlebt! Ein halbes Jahrhundert für die Universität“ – Bericht aus dem bewegten Leben eines Kunsthistorikers

Buchvorstellung und Lesung von und mit Dr. Ralf-Torsten Speler, Halle (Saale)
19:00 Uhr Archivverbund Dessau (Alter Wasserturm), Heidestraße 21

Mehr zum Buch beim Mitteldeutschen Verlag

Dr. Ralf-Torsten Speler, Halle (Saale) übergibt sein neues Buch “Alles erlebt!” an die Bildhauerin Christine Rammelt-Hadelich anlässlich der Enthüllung der Erdmannsdorff-Plastik im Dessauer Stadtpark


Tagung „Privatbibliotheken in Sachsen-Anhalt 1450-1850“ im Stadtarchiv

Überlieferung, soziale Praxis und Wissenshorizonte

Der Reichtum an historischen Buchbeständen in Sachsen-Anhalt ist nicht zuletzt privaten Sammlern zu verdanken. Berufliche Bedürfnisse und praktische Anliegen konnten ebenso zum Aufbau von Bibliotheken führen wie wissenschaftliche und literarische Interessen oder Entdeckergeist. Nicht selten stellten auch Frömmigkeit und der Wunsch nach Repräsentation wichtige Sammlungsmotive dar. Private Büchersammlungen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sind heute meist Teil größerer Bibliotheken. Nicht immer wurden sie komplett integriert und überliefert, vielfach haben sie nur verstreut und lückenhaft überdauert. Bei der Übernahme wurden Herkunft und Zusammengehörigkeit oft nicht kenntlich gemacht. Nur wenige der in Sachsen-Anhalt überlieferten Privatbibliotheken sind gut erschlossen und intensiv erforscht. Für eine Mehrzahl steht dies noch aus.

Hierfür soll die Tagung „Privatbibliotheken in Sachsen-Anhalt 1450-1850“ konzeptionelle Anstöße und methodische Hinweise geben, die vom 5. bis zum 7. Oktober 2023 im Stadtarchiv Dessau-Roßlau, Heidestraße 21 (Alter Wasserturm) stattfindet. Sie stellt einige Privatbibliotheken vor, vermittelt das Sammeln von Büchern als soziale Praxis und führt Möglichkeiten vor Augen, historische Wissenshorizonte durch die Erschließung von Privatbibliotheken näher zu beschreiben. Veranstaltet wird die Tagung vom Arbeitskreis Historische Bibliotheken der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek Wittenberg.

Die Teilnahme ist kostenfrei. Die Veranstalter bitten um Anmeldung per E-Mail an: sekretariat@rfb-wittenberg.de

Programm

Donnerstag, 5. Oktober 2023

ab 17.00 Uhr Anmeldung

18.00 Uhr Begrüßung und Tagungseröffnung Dr. Hermann Kinne, Leiter Abteilung Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt

Grußworte:
Klaus Zimmermann, Staatssekretär im Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen- Anhalt Dr. Robert Reck, Oberbürgermeister der Stadt Dessau-Roßlau Prof. Dr. Christoph Volkmar, Vorsitzender der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt

Abendvortrag
Thiliana – Die Bibliothek des preußischen Diplomaten Hermann Thile (1812–1889)
Dr. Frank Kreißler (Dessau-Roßlau)

Freitag, 6. Oktober 2023

9.00 Uhr Privatbibliotheken in Sachsen-Anhalt. Forschungsstand und Problemaufriss
Dr. Matthias Meinhardt (Lutherstadt Wittenberg)

9.30 Uhr Privatbibliotheken – Sammler und Sammlungen, Nutzen und Nutzung
Prof. Dr. Ursula Rautenberg (Erlangen und Leipzig)

10.15 Uhr Historische Bibliothekslandschaften im Kontext der frühneuzeitlichen Bibliotheksgeschichte – institutionelle Strukturen, soziale Verortungen, regionale Wissenskulturen
Prof. Dr. Axel E. Walter (Eutin und Vilnius)

11.00 Uhr Kaffeepause

11.30 Uhr Historische Bibliothekskataloge als Quelle
Dr. Julia Knödler (Halle/Saale)

12.15 Uhr Handschriftliche Annotationen und Paratexte als Instrument der Bibliotheksrekonstruktion. Das Beispiel des Halberstädter Klerikers Andreas Gronewalt
Helmut Liersch (Goslar)

13.00 Uhr Mittagspause mit Imbiss

14.30 Uhr Führung durch das Archiv der Evangelischen Landeskirche Anhalts
Dr. Jan Brademann (Dessau-Roßlau)

16.00 Uhr Kaffeepause

16.30 Uhr Schätze aus Dessauer Privatbibliotheken – eine Buchpräsentation
Martine Kreißler (Dessau-Roßlau)

18.00 Uhr Abendvortrag
Die Bibliothek des Fürstenerziehers Georg Helt
Dr. Gerrit Deutschländer (Halle/Saale)

Samstag, 7. Oktober 2023

9.00 Uhr Die Bibliothek des Flacius Illyricus
Dr. Harald Bollbuck (Göttingen)

9.45 Uhr Die Bibliothek der Grafen von Stolberg-Roßla
Dr. Lupold von Lehsten (Bensheim)

10.30 Uhr „Ein grossen hauffen bucher domals vngezelt, sollen aber volgende gezelt werden“ – Die humanistische Gelehrten – bibliothek von Julius Pflug (1499–1564) und weitere private Büchersammlungen Naumburger Domgeistlicher
Dr. Matthias Ludwig (Naumburg)

11.15 Uhr Kaffeepause

11.45 Uhr Zwischen Humanismus und Reformation – die Alvenslebensche Bibliothek auf Schloss Hundisburg
Dr. Berthold Heinecke (Hundisburg)

12.30 Uhr Schlussdiskussion

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© Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek Wittenberg
https://www.historische-kommission-fuer-sachsen-anhalt.de/veranstaltungen/tagungen/privatbibliotheken

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https://www.historische-kommission-fuer-sachsen-anhalt.de/

Veranstalter: Arbeitskreis Historische Bibliotheken der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Reformations – geschichtlichen Forschungsbibliothek Wittenberg

#moderndenken

Mit freundlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhal, der MIK-Center GmbH, der Stiftung Evangelisches Anhalt und der Stadt Dessau-Roßlau.

Wissenschaftliche Leitung: Dr. Jan Brademann, Martine Kreißler, Dr. Matthias Meinhardt

Veranstaltungsort: Dessau, Alter Wasserturm (Heidestraße 21, 06842 Dessau-Roßlau)

Teilnahme: Die Teilnahme ist kostenfrei. Wir bitten um Anmeldung per E-Mail.

Information und Anmeldung: Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek Wittenberg, Schlossplatz 1, 06886 Lutherstadt Wittenberg
E-Mail: sekretariat@rfb-wittenberg.de | Tel.: +49 34 91 50 69 200


Tuschezeichnung „Konzentrationslager Roßlau 1933-34“

Im Roßlauer „Volkshaus“, einer ehemaligen SPD-Versammlungsstätte, richtete das anhaltische Staatsministerium am 12. September 1933 ein „Übergangs-Konzentrationslager“ ein, das bis zum 31. Juli 1934 existierte. In diesem Zeitraum sind dort 250 bis 300 männliche politische Gefangene inhaftiert und misshandelt worden. Fast alle stammten aus Anhalt. Das Lager war unmittelbar dem Dessauer Oberstaatsanwalt Erich Lämmler unterstellt, die Wachmannschaft bestand aus Mitgliedern der SS-Standarte 59. Die arbeitsfähigen Häftlinge mussten in Roßlau und Umgebung Zwangsarbeit verrichten, körperliche und seelische Misshandlungen durch das Wachpersonal, aber auch durch Angehörige der Dessauer politischen Polizei waren an der Tagesordnung. Ein Gedenkstein in Roßlau erinnert an die Häftlinge des Konzentrationslagers.

Unter den in Roßlau – und zuvor schon im Konzentrationslager Oranienburg – Gequälten war Hugo Jacoby (1875-1935), ein Dessauer Kommunist und Funktionär der proletarischen Roten Hilfe jüdischer Abstammung. Er starb bald darauf, am 17. August 1935, in Dessau und wurde auf dem Israelitischen Friedhof begraben. In Roßlau waren auch Frau Elisabeth Seger mit ihrer kaum anderthalbjährigen Tochter Renate inhaftiert – in „Erzwingungshaft“, damit ihr Ehemann Gerhart Seger sich den deutschen Behörden stelle. Der Sozialdemokrat Gerhart Seger hatte im Dezember 1933 aus dem Konzentrationslager Oranienburg nach Prag fliehen können, wo er seinen Erlebnisbericht „Oranienburg: Erster authentischer Bericht eines aus dem Konzentrationslager Geflüchteten“ niederschrieb, der nach seiner Veröffentlichung große internationale Aufmerksamkeit fand. Nach heftigen öffentlichen Protesten mussten Elisabeth und Renate Seger am 19. Mai 1934 aus dem Konzentrationslager Roßlau freigelassen werden. Auch ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers Roßlau haben Erinnerungsberichte niedergeschrieben, von denen sich einige im Stadtarchiv Dessau-Roßlau befinden. Dazu gehört der Bericht von Walter Berger, dem auch eine Tuschezeichnung beigefügt ist, die das Stadtarchiv Dessau-Roßlau als Archivale des Monats September 2023 präsentiert.

Stadtarchiv Dessau-Roßlau im Archivverbund Dessau
Archivale des Monats Juli 2023
„Konzentrationslager Roßlau 1933-34“, Tuschezeichnung von Walter Berger (o. D.)
Signatur: M 07 Nr. 90

„Konzentrationslager Roßlau 1933-34“, Tuschezeichnung von Walter Berger (o. D.)
Signatur: M 07 Nr. 90


Nikolaus Abramowitsch Putjatin in Dessau und Dresden - Vortrag von Dr. Maria-Verena Leistner

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Der ehemalige Ober-Bauintendant in Sankt Petersburg, Kammerherr und Geheimrat am russischen Zarenhof Fürst Nikolaus Abramowitsch Putjatin (1749-1830) lebte ab 1797 in Kleinzschachwitz bei Dresden, wo er sich nach eigenen Plänen eine extravagante Villa mit 16 Balkonen, einem kleinen Aussichtsturm und weiteren Besonderheiten errichten ließ. Er galt als großzügiger, frei denkender, kenntnisreicher und liebenswerter Sonderling, der vor Erfindergeist geradezu sprudelte. Im heutigen Dresdner Ortsteil Kleinzschachwitz ist die Erinnerung an den einstigen Einwohner und Förderer heute noch lebendig und wird gepflegt. Aber auch in Dessau war Fürst Putjatin kein Unbekannter. Er gehörte zu den vielen namhaften Zeitgenossen, die mit eigenen Augen sehen wollten, welche Maßnahmen der aufgeklärte Herrscher Leopold Friedrich Franz (1740-1817) ergriffen hatte, um aus dem Fürstentum (ab 1807 Herzogtum) Anhalt-Dessau ein modernes Land zu schaffen. Fürst Putjatin kam wohl im Jahr 1789 zum ersten Mal und später wiederholt nach Dessau. Seine Begeisterung für den nach Plänen Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorffs (1736-1800) in den Jahren 1787-1789 angelegten Neuen Begräbnisplatz (heute: Historischer Friedhof) war so groß, dass er sich dort ein Mausoleum errichten ließ, in dem sowohl seine Tochter, seine Ehefrau und Putjatin selbst auch bestattet wurden und das heute noch erhalten ist.

Die Germanistin Dr. Maria-Verena Leistner, die wohl beste Kennerin des äußerst vielgestaltigen Werkes des Dichters Wilhelm Müller und schon mehrfach in Dessau-Roßlau zu Gast, stellt den russischen Hochadligen und seine Beziehungen nach Dessau in ihrem Vortrag „Geduld, Überlegung und Muth, das sind die besten Waffen im Kampfe des Lebens.“ Nikolaus Abramowitsch Putjatin in Dessau und Dresden vor. Der Vortrag fand am Dienstag, 25. April 2023, um 19.00 Uhr im Archivverbund Dessau (Alter Wasserturm), Heidestraße 21, statt. Das Stadtarchiv Dessau-Roßlau und der Verein für Anhaltische Landeskunde luden hierzu ein.


Schreiben des Bauhausdirektors Hannes Meyer an Bürgermeister Fritz Hesse betr. Umgestaltung der Städtischen Lesehalle, 7. Juni 1928

Am 2. Oktober 1897 beschloss der Dessauer Gemeinderat den Ankauf einer Büchersammlung, die der Archidiakon Ernst Hesse (1832–1900) ab 1871 als Christliche Volksbibliothek in der Zerbster Straße 39 geführt hatte. Mit dieser Büchersammlung als Grundstock öffnete am 1. Mai 1898 die Städtische Volksbücherei im Haus Zerbster Straße 66 ihre Pforten. Schon am Ende des ersten Jahres ihrer Existenz nutzten 958 Leser die Bibliothek und entliehen insgesamt 23.892 Bücher. In der Städtischen Volksbibliothek fand der Leser „Werke der gelesensten Schriftsteller, zum größten Theil gute und gediegene Werke der Litteratur Deutschlands und auch des Auslands“. Schon wenige Jahre später reichten die Kapazitäten im Haus Zerbster Straße 66 nicht mehr aus. Der Magistrat erwarb das Haus Zerbster Straße 33, das sich gegenüber dem Rathaus befand, und eröffnete hier am 5. Januar 1905 die „Städtische Öffentliche Bibliothek und Lesehalle“. Die Lesehalle befand sich im ersten Obergechoss und bot 100 Lesern Platz. Die Städtische Bibliothek hatte zu dieser Zeit 2.871 ständige Leser, die auf einen Medienbestand von 11.902 Bänden zugreifen konnten. Ab 1. Juli 1916 war die Städtische Bibliothek geschlossen, weil ihre Räumlichkeiten für Kriegszwecke benötigt wurden. Ihre Wiedereröffnung erfolgte am 15. September 1919.

Im Jahr 1928 wurde eine umfassende Umgestaltung der Lesehalle, des Vorraums und einiger weiterer Räume der Bibliothek vorgenommen. Das Umbauprojekt sowie die Umsetzung der Bauarbeiten einschließlich der Ausstattung mit Möbeln und Lampen übernahm die Bauabteilung des Dessauer Bauhauses. Ein entsprechendes Angebot zur Umgestaltung der Lesehalle, unterzeichnet vom damaligen Direktor des Bauhauses Dessau Hannes Meyer (1889–1954) und datiert mit 7. Juni 1928, wird vom Stadtarchiv Dessau-Roßlau als Archivale des Monats Mai 2023 präsentiert. Das Schriftstück ist Bestandteil einer Magstratsakte, in der sich weitere Unterlagen zu diesem Bauvorhaben befinden. Im Zuge des Umbaus der Lesehalle wurden auch die Vorräume und das Treppenhaus umgestaltet. Die Umbauarbeiten in der Städtischen Bibliothek waren im Oktober 1928 abgeschlossen und kosteten inklusive Architektenhonorar rund 9.000 Mark.

Die Archivale des Monats Mai 2023 sowie weitere Dokumente sind innerhalb der Öffnungszeiten des Archivverbundes Dessau (Mo-Do 9-17 Uhr) zu sehen.

Schreiben des Bauhausdirektors Hannes Meyer an Bürgermeister Fritz Hesse betr. Umgestaltung der Städtischen Lesehalle, 7. Juni 1928

Grundriss Lesehalle
Grundriss Lesehalle
Grundriss Lesehalle

Neubeginn – Nutzbarmachung von Archivgut zum Wiederaufbau der Stadt Dessau nach 1945 auf dem Weg zu einer ‚sozialistischen‘ Großstadt, Teil 2

Akten im Magazin
Akten im Magazin
Die Akten nach der Bearbeitung
Die Akten nach der Bearbeitung
Die Akten vor der Bearbeitung
Die Akten vor der Bearbeitung
Akten im Magazin
Aktenkartons im Magazin

Der Landtag von Sachsen-Anhalt billigte im Herbst 2018 ein „Konzept zur Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes“. Auf dieser Basis begann das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2020 mit der Förderung von Maßnahmen zum Erhalt des von Archiven, Bibliotheken und Museen bewahrten schriftlichen Kulturgutes. Von diesem Förderprogramm konnte das Stadtarchiv Dessau-Roßlau bereits mehrfach profitieren, so auch im Jahr 2022. Das Land förderte eine Maßnahme des Stadtarchivs, die unter dem Titel „Neubeginn - Nutzbarmachung von Archivgut zum Wiederaufbau der Stadt Dessau nach 1945 auf dem Weg zu einer ‚sozialistischen‘ Großstadt‘, Teil 2“ stand.

Im Rahmen der Maßnahme konnte durch Dienstleister ein Teilbestand von 14 laufenden Metern bisher unverzeichneter Akten des Rates der Stadt Dessau aus dem Zeitraum 1945 bis ca. 1970 bearbeitet werden. Die Unterlagen dokumentieren das Verwaltungshandeln und die Verwaltungsentscheidungen des Rates der Stadt Dessau und seiner Gliederungen (Abteilung Inneres bzw. Ordnung und Sicherheit, Organisation, Plankommission, Abteilung Finanzen, Handel und Versorgung, Sozialfürsorge und Gesundheitswesen, Verkehr sowie Bauwesen) beim Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Stadt und bei deren Entwicklung hin zur „sozialistischen“ Großstadt.

Allerdings befand sich dieser Aktenbestand sich durch unsachgemäße Lagerung vor der Übernahme durch das Stadtarchiv im Rahmen von Notübernahmen in einem schlechten Ordnungs- und Erhaltungszustand. Die Unterlagen waren staubig und verschmutzt, enthielten zum Teil noch rostende Metallteile, befanden sich teilweise in alten, stark säurehaltigen Kartons und teilweise noch in Aktenordnern. An eine Verzeichnung dieser Akten, geschweige denn öffentlichen Nutzbarmachung, war deshalb bisher nicht zu denken.

Dank der Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt im Programm zum Erhalt des schriftlichen Kulturguts und mit dem erfolgreichen Abschluss des Projekts wird sich dies nun ändern. Das betroffene Archivgut befindet sich nach Abschluss der Maßnahme gereinigt, entmetallisiert, entsäuert und in Archivkartons verpackt wieder im Stadtarchiv. In Kürze wird die Verzeichnung der Akten erfolgen.


Neue Webseite

Unsere Homepage wird gerade überarbeitet. Leider sind noch nicht alle Inhalte der alten Webseite auf der neuen Internetpräsenz verfügbar.

Die Inhalte der alten Seite sind aber trotzdem abrufbar. Sie gelangen über folgenden Link dorthin: https://www.alb-dessau.de/old/

Die Digitalisierung hat begonnen

Am 12. Mai startete in der zum Stadtarchiv Dessau-Roßlau gehörenden Anhaltischen Landesbücherei Dessau ein umfangreiches Digitalisierungsprojekt. Möglich wurde dies mit Unterstützung des Förderprogramms „Wissenwandel“, dem Digitalprogramm des Deutschen Bibliotheksverbandes für Bibliotheken und Archive innerhalb von Neustart Kultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und Eigenmitteln der Stadt Dessau-Roßlau.
Damit wird ein seit vielen Jahren bestehender Wunsch wahr – die Digitalisierung großer Teile der Fürst-Georg-Bibliothek. Es können die wertvollen Bestände aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die zum Teil unikal überliefert sind bzw. umfangreiche Marginalien tragen, die durch die Wissenschaft noch nicht ausgewertet sind, digital zugänglich gemacht werden. Dadurch ist eine Nutzung durch Wissenschaft und Forschung unabhängig vom Unterbringungsort möglich. Gleichzeitig schützt die digitale Nutzung die Originale vor Schäden durch die Benutzung. Langfristig ist die digitale Rekonstruktion der Bücherbestände des Fürsten Georg III. von Anhalt geplant, die kriegsbedingt in zwei große Bestandsteile zerrissen ist: Die noch in Dessau-Roßlau vorhandenen Bestände sowie die kriegsbedingt verlagerten Bestände (heute in der Russischen Staatsbibliothek Moskau).

Im jetzt begonnenen Schritt werden deutsche Drucke aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit einem Umfang von 120.000 Seiten digitalisiert. Für weitere Bestandsteile (z. B. die mittelalterlichen Handschriften) laufen vorbereitende Absprachen mit weiteren Projektpartnern.
Die digitalisierten Objekte werden in Zusammenarbeit mit der Universitäts- und Landesbibliothek im Repertorium Share_it langzeitarchiviert und in der Deutschen Digitalen Bibliothek, in weiteren großen Datenbanken und natürlich über die eigene Homepage der Anhaltischen Landesbücherei Dessau zugänglich gemacht. Schon in wenigen Wochen werden hier die ersten Digitalisate abrufbar sein (www.alb-dessau.de). Auch die Webseite entstand dank großzügiger Förderung aus dem Programm WissensWandel.


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Heidestraße 21
06842 Dessau

E-Mail
stadtarchiv@dessau-rosslau.de

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Tel: +49 (0) 340 204 10 24
Fax: +49 (0) 340 204 24 24

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